Interpretation
Neben den tragenden Dialogen und Gesprächen sind es vor allem die Symbole, die diesen Film zu einem Meisterwerk machen. So gibt es mehrere Tiere, die während des ersten Teils vorkommen. Angefangen mit einer kleinen, grauen Katze, die in der ersten Szene auf dem Schoß des Paten sitzt und sich von diesem streicheln lässt. Katzen gelten oft als Glücksbringer, aber auch als Begleiter von Hexen. Es handelt sich um schlaue Tiere, die einen siebten Sinn besitzen. Als Einzelgänger scheuen sie sich dennoch nicht vor Auseinandersetzungen mit anderen Tieren. Katzen vermitteln das Bild für Selbstbestimmung und Freiheit, sind immer wachsam und entscheiden selbst, wohin der Weg sie führt. Sie werden „sowohl als Göttin verehrt als auch als Dämon verachtet“ (Franke 2009). Die Katze kann als tierisches Bild des Paten gesehen werden. Viele ihrer Eigenschaften treffen auch auf das Oberhaupt der „Familie“ zu. Er muss immer wachsam sein, denn er hat viele Feinde. Außerdem muss er jeden Tag Entscheidungen treffen. Als es um den Einstieg in das Drogengeschäft ging, hat er, trotz des Zuspruchs seines Beraters und seines Sohnes Sonny, abgelehnt. Vielleicht hat er dabei auf seinen siebten Sinn gehört.
Einige Szenen später wird Tom Hagen ein wunderbares pechschwarzes Pferd vorgestellt. Dessen Besitzer, Filmproduzent Woltz, ist auf das $600.000 teure Tier sehr stolz. Pferde vermitteln ein Bild von Freiheit, Dynamik, Willensstärke und Neubeginn. Auch dieses Pferd stellt vorallem für Johnny Fontane, in dessen Auftrag Tom Hagen handelt, einen Neubeginn dar. Denn er möchte unbedingt die Rolle in dem neuen Film des Produzenten bekommen. Wenig später wacht Woltz schreiend mit dem Pferdekopf in seinem Bett auf, der Neubeginn für Fontane startet. Das schwarze Pferd gilt vielerorts auch als Teil des Todes. Der Tod wird oft reitend auf eben diesem dargestellt.
Das dritte Tier ist der Fisch. Dieser wird in einer Schutzweste an die Corleone-„Familie“ geliefert. „Er schwimmt bei den Fischen“ soll damit überbracht werden. Fische sind kalt und nur mit List und Geduld zu fangen. Auch, um die Absender der Fische zu bekommen, gilt es einen Plan auszuarbeiten, ansonsten wären Virgil Sollozzo und der Polizeichef McCluskey schnell außer Reichweite. Sobald die Fisch-Botschaft bei der „Familie“ Corleone angekommen ist, haben sicherlich alle, sowohl Charaktere als auch die Zuschauer das Gefühl, dass der Film jetzt erst richtig startet.
Neben vielen tierischen Symbolen wird auch mit Orangen, Rosen und Farben gespielt. Ein Hauptaugenmerk ist auf die Farbe schwarz gerichtet. Schwarze Autos, fast immer schwarze oder dunkle Anzüge, viele dunkle Szenen. Schwarz gilt als Farbe der Unabhängigkeit, des Todes und Autorität. Viele Menschen, die sich mit dieser Farbe kleiden, strahlen eine Persönlichkeit aus, die ihren eigenen Willen hat. Dabei spielen Disziplin und Selbstbewusstsein eine große Rolle (vgl. Küstenmacher 2014). Diese Eigenschaften und die Tatsache, dass dunkle Farben mysteriöser als helle wirken, nutzten die Macher von „Der Pate“ aus.
In den ersten Szenen war eine einzelne rote Rose an dem Jackett von Don Vito Corleone befestigt. Später befinden sich mehrere rote Rosen an seinem Sarg. Die rote Rose gilt nicht nur als Symbol der Liebe sondern auch der Weisheit und Schönheit. Wenn sie blüht, steht sie für Freude und Lebenskraft. Doch trotzdem zeigt sie, wie viele Blumen, auch die Vergänglichkeit auf und bildet daher ein Symbol des Todes (vgl. Vollmar 2007: S. 328-331).
Eins der wichtigsten Zeichen, welches in „Der Pate“ verwendet wird, ist die Orange. Im Zusammenhang mit Vito Corleone weist sie auf ein wichtiges Ereignis hin, dass ausschlaggebend für die kommende Handlung ist. So erkennt man einige Orangen nur flüchtig auf dem Tisch des Filmproduzenten Woltz. Kurz darauf liegt der abgetrennte Pferdekopf in seinem Bett. Weitere Orangen befinden sich als Schmuck auf einem großen Tisch. Ein wichtiges Treffen der fünf Oberhäupter der „Familien“ findet statt. Sobald der Pate aber direkt in Berührung mit einer Orange kommt, betrifft es ihn und seine Gesundheit. So kauft er an einem Obststand ein paar Orangen und wird wenig später niedergeschossen. Beim Spielen mit seinem Enkel, erschreckt er ihn mit einer Grimasse und einem Stückchen Orange im Mund. Kurz darauf stirbt er an einem Herzinfarkt. Die Farbe orange gilt als Farbe der Wandlung (vgl. Thöne o.J.). Immer wenn sie auftaucht, wandelt sich auch die Story des Films.
Schon nach wenigen Augenblicken wird klar, die eigene Familie geht über alles. Fehlt jemand, muss gewartet werden, bis derjenige anwesend ist. Durch die vielen Geschenke, die einander überreicht werden, sieht man zum einen die Harmonie, aber auch Zucht und Zwang. Außerdem fällt auf, dass bei vielen Gesprächen getrunken, geraucht und gegessen wird. Wein scheint eine Art Lebensquelle für die Charaktere darzustellen. Auch das Rauchen unterstützt zusätzlich die mysteriöse und undurchsichtige Atmosphäre im Haus Corleone.
Sicherlich wird auch das Versteck von Michael Corleone auf Sizilien kein Zufall gewesen sein. Der Ort heißt „Corleone“. Lange Zeit stellte er einen der berüchtigsten Orte der sizilianischen Mafia dar. Hier „stammen die vielleicht grausamsten Paten, die es jemals in der Mafia gegeben hat“ (Geschke 2012: zit. n. di Stefano) her.